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SportGlobal

Bezahlter Mutterschutz im Tennis - mit saudischem Geld

7. März 2025

Ab sofort erhalten auch Profi-Tennisspielerinnen bezahlten Mutterschutz. Der Weltverband WTA spricht von einer historischen Neuerung - die allerdings nur möglich wurde, weil Saudi-Arabien sie finanziert.

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Die frühere Tennis-Weltrangliste Naomi Osaka aus Japan bei einem Tennisturnier 2024 in den USA
Die frühere Tennis-Weltrangliste Naomi Osaka aus Japan ist eine von rund 25 Müttern auf der ATP-Tour Bild: Jason Whitman/NurPhoto/picture alliance

Es ist ein Meilenstein. Allerdings mit einem leicht faden Beigeschmack, weilSaudi-Arabien involviert ist. Im Profi-Frauen-Tennis gibt es nun bis zu zwölf Monate lang bezahlten Mutterschutz. Wer ein Kind durch Leihmutterschaft, Adoption oder durch die Schwangerschaft einer Partnerin erhält, hat Anspruch auf einen zweimonatigen Mutterschutz. Außerdem sind Zuschüsse für Fruchtbarkeitsbehandlungen möglich. Der Tennis-Weltverband WTA gab ein entsprechendes Programm bekannt, das rückwirkend seit dem 1. Januar und für mehr als 320 Spielerinnen gilt.

Es sei das erste Mal in der Geschichte des Frauensports, "dass unabhängige, selbstständige Sportlerinnen umfassende Mutterschaftsleistungen in Anspruch nehmen können", verkündete die WTA. Voraussetzung sei, dass die Spielerinnen innerhalb eines bestimmten Zeitfensters eine gewisse Zahl an WTA-Turnieren bestritten hätten. Eine genaue Angabe machte die WTA nicht. Ebenso blieb offen, wie viel Geld den Spielerinnen im Mutterschutz zusteht. Es soll ein einheitlicher Betrag sein, der unabhängig von der Weltranglisten-Position ausgezahlt wird.

Investition ohne Hintergedanken?

Finanziert wird das Paket komplett vom saudischen Staatsfonds PIF. Wie in anderen Sportarten, etwa im Fußball, Golf oder in der Formel 1 versucht Saudi-Arabien seit einiger Zeit, auch im Tennis mit hohen Investitionen einen Fuß in die Tür zu bekommen. Kritiker sehen darin Sportswashing, also den Versuch der Machthaber in Riad, über den Sport von eklatanten Menschenrechtsverletzungen im Land abzulenken.

Angelique Kerber lächelt 2024 bei der Gala zur Wahl "Sportler des Jahres" in die Kamera
Angelique Kerber beendete als Mutter ihre Tenniskarriere - jetzt erwartet sie ihr zweites KindBild: Bernd Weißbrod/dpa/picture alliance

In den vergangenen Jahren hatte es im Tennis zunehmend Spielerinnen gegeben, die nach Schwangerschaft und Geburt zurück in die Turnier-Serie der WTA gekommen waren, unter anderen der frühere US-Superstar Serena Williams, die inzwischen ebenfalls zurückgetretene deutsche Wimbledonsiegerin Angelique Kerber und die ehemalige Weltranglistenerste Naomi Osaka aus Japan.

Da sie zu den Spitzenverdienerinnen der Branche gehörten, waren sie - im Gegensatz zu schlechter platzierten Spielerinnen - allerdings nicht auf einen bezahlten Mutterschutz angewiesen. Aktuell spielen nach Angaben des Verbands rund 25 Mütter auf der WTA-Tour.

Initiativen für mehr Mutterschutz im Spitzensport

Die Ankündigung der WTA reiht sich ein in einige Initiativen der jüngeren Vergangenheit, mit denen die Situation schwangerer Athletinnen und auch Trainerinnen verbessert und den Müttern die Rückkehr in den Leistungssport erleichtert werden soll. So gibt es im Fußball bereits seit Ende 2020 einen Anspruch auf Mutterschaftsurlaub für mindestens 14 Wochen, bei mindestens zwei Dritteln des vertraglich festgelegten Gehalts. Schwangere Spielerinnen sind vor Kündigung geschützt.

Mitte 2024 erweiterte der Weltverband FIFA die Vorschriften um einige Dinge - unter anderem Wechselmöglichkeiten außerhalb der Transferperioden. Die frühere deutsche Nationaltorhüterin Almuth Schult, dreifache Mutter, war die erste Spielerin weltweit, die von dieser Regel profitierte. 

Die kanadische Regierung beschloss im Oktober 2024, im Rahmen des Sportförderprogramms AAP (Athletes Assistance Program), Spitzensportlerinnen während und nach der Schwangerschaft finanziell zu unterstützen. Um Gelder aus dem Programm zu erhalten, müssen die Athletinnen spezielle Karten einlösen.

Bislang waren schwangere Sportlerinnen gezwungen, ihre Karten für den Fall einer Verletzung einzusetzen, um Geld zu erhalten. Nun gibt es gesonderte Karten für Schwangere und Mütter. Insgesamt gibt die Regierung für das Programm AAP über einen Fünfjahreszeitraum 35 Millionen kanadische Dollar (rund 22,5 Millionen Euro) aus.

Ein ähnliches Förderprogramm gibt es in Großbritannien. Dort erhalten Spitzenathletinnen, die keine Profis sind und denen Erfolge bei internationalen Wettkämpfen zugetraut werden, während der Schwangerschaft Geld - und auch anschließend, sofern sie gewillt sind, nach einer Pause wieder Wettkämpfe zu bestreiten.

Stipendium und Krankenversicherung für rückkehrwillige Spitzensportlerinnen

In den USA unterstützt das nationale Olympische und Paralympische Komitee (USOPC) Spitzensportlerinnen, die Mütter geworden sind und in den Sport zurückkehren wollen, nach der Geburt des Kindes für ein Jahr mit einem einjährigen Stipendium und einer Krankenversicherung. Der US-Leichtathletikverband USATF beschloss im Frühjahr 2024, diese Förderung für rückkehrwillige Spitzensportlerinnen zu verlängern, sollten sie länger als ein Jahr aussetzen wollen.

Serena Williams mit ihrer ältesten Tochter bei einer Modenshow 2019
Serena Williams - hier 2019 mit ihrer Tochter - hängte 2022 den Tennisschläger an den Nagel, heute ist sie zweifache MutterBild: John Angelillo/UPI Photo/imago images

In der nordamerikanischen Frauen-Basketball-Profiliga WNBA haben Spielerinnen während der Schwangerschaft Anspruch auf ihr volles Grundgehalt. Wer seit mindestens acht Jahren in der Liga spielt, kann im Falle eines Kinderwunsches auch Zuschüsse für eine künstliche Befruchtung beantragen.

Weltweit für Schlagzeilen sorgte 2019 US-Leichtathletik-Star Allyson Felix. Die siebenmalige Olympiasiegerin machte öffentlich, dass ihr Sponsor Nike ihre Bezüge um 70 Prozent kürzen wollte, nachdem sie schwanger geworden war. Nachdem auch andere Athletinnen diese Praxis bestätigt und Nike weitere Negativschlagzeilen beschert hatten, lenkte der Sportartikelhersteller ein. Die Verträge enthielten nun eine Schutzklausel, nach der werdende Mütter ein Jahr lang keine finanziellen Einbußen hinnehmen mussten. 

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter