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Bernd das Brot: Deutsche Kultfigur erobert US-Fernsehen

24. September 2025

Mürrisch, depressiv und kultig: Bernd das Brot ist seit 25 Jahren eine Ikone des deutschen Kinderfernsehens. Nach einem Talkshow-Auftritt hat das schlecht gelaunte Kastenbrot nun auch in den USA Fans.

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Eine Puppe in Form eines traurig blickenden Brotes sitzt an einem Tisch.
Für ihn kein Grund zum Feiern: Bernd das Brot wird 25Bild: Bernd Lammel/Kika/dpa/picture alliance

"Mist. Das ist alles so sinnlos. Mein Leben ist die Hölle." - Bernd das Brot ist die vielleicht ungewöhnlichste Kinder-TV-Figur Deutschlands. Seit 25 Jahren stolpert das missmutige Kastenbrot mit einer Mischung aus Weltschmerz und trockenen Sprüchen durch die Welt des Kinderfernsehens - und jetzt auch über den Atlantik: In einer US-Talkshow wurde Bernd vorgestellt und sofort zum Kult erklärt.

Warum feiert das US-Publikum ein trauriges Brot?

In der Sendung "Last Week Tonight" stellte Politmoderator John Oliver das schlecht gelaunte Brot aus Deutschland seinem Publikum vor - und das kam aus dem Lachen nicht mehr raus. Bernd bedient alle Klischees vom humorlosen Deutschen, der ständig etwas zu meckern hat. Oliver kommentierte trocken: "Das ist das Deutscheste, was ich je gesehen habe." Im Netz herrscht Begeisterung über den "weird German bread guy", den "seltsamen deutschen Brotkerl". Viele US-Zuschauerinnen und Zuschauer wurden über Nacht zu Fans. 

 "Voice of America", der Auslandssender der USA, konstatierte nahezu ungläubig: "Bernd das Brot, ein depressives deutsches Brot, ist seit 25 Jahren ein TV-Kultklassiker."

Wie wurde Bernd das Brot in Deutschland Kult?

Erfunden wurde die Figur als Maskottchen für den TV-Sender "KiKa" (Abk. für Kinderkanal). Im September 2000 lief die erste Sendung mit Bernd und seinen Freunden, Schaf Chili und der blühende Busch Briegel. Allerdings war das Trio nur tagsüber zu sehen - auf dem Kinderkanal herrschte zwischen 21 und 6 Uhr Sendepause. Das änderte sich zum 1. Januar 2003: Der Sender lief nachts durch und packte Episoden von "Bernd das Brot" in Dauerschleife ins Programm. Damit zog er ein erwachsenes Publikum an, oft Menschen, die von einer langen Partynacht zurückkamen. Die nächtlichen Auftritte machten Bernd endgültig zum deutschen Kultklassiker. Der Clou an der Sache ist laut seinem Schöpfer Tommy Krappweis: Kinder und Erwachsene lachen beide über die Figur, nur nicht an den gleichen Stellen.

Eine Statue in Form eines Kastenbrots, flankiert von zwei weiteren lebensgroßen Figuren, die einen Busch und ein Schaf darstellen.
Seit 2007 steht im thüringischen Erfurt, dem Sitz des Kinderkanals, eine Bernd-das-Brot-StatueBild: Jens Meyer/AP Photo/picture alliance

2004 gewann Bernd das Brot den Adolf-Grimme-Preis, das deutsche TV-Pendant zum US-Fernsehpreis Emmy Awards. Die Jury urteilte: Der "Anti-Spass-Guerillero" nehme sich "inmitten einer grellen Fun-Event-Kultur mit lauter gehypten Mega-Emotion-Shows das Recht auf schlechte Laune". Schließlich habe er nicht darum gebeten, ins Fernsehen zu kommen.

Was macht Bernd so besonders?

Bernd ist kein Mainstream. Während Kinder-TV meist bunt, fröhlich und motivierend daherkommt, stapft Bernd als depressiver Nerd mit ständig gesenkten Mundwinkeln durch absurde Abenteuer. Er will eigentlich nur seine Ruhe - und genau das macht ihn so komisch. Oder wie es ein YouTube-Kommentar nach Bernds US-Auftritt ausdrückte: "Für eine Kindersendung, die um vier Uhr morgens läuft - absolut unterhaltsam."

Drei Puppen sitzen auf einem Sofa, ein Schaf, ein Brot und ein Gebüsch.
Bernd und seine Freunde: links das Schaf Chili und rechts der Busch BriegelBild: C. Pausch/Kika/dpa/picture alliance

Die Fans lieben seinen stoischen Humor, seine ewige Lustlosigkeit und seine skurrilen Freunde Chili und Briegel. Er wirkt ehrlich - er will nicht glänzen, nicht perfekt sein, sondern sich einfach nur in Ruhe in seinem Weltschmerz suhlen.

Warum ist er eigentlich so traurig?

Einmal erzählte Bernd die Geschichte von einem schlanken Baguette, in das er sich verliebt hat. Doch sie habe nur Augen für ein "dahergelaufenes Mehrkornbrot mit seinen zehn Getreidesorten" gehabt. Dies sei sehr deprimierend gewesen. "Seit damals ist mein Herz ein trockener Mehlklumpen."

Ein Mann sitzt auf einem Sofa, dessen Lehne ein traurig blickendes Gesicht darstellt.
Tommy Krappweis hat Bernd das Brot für den TV-Sender "KiKa" (Kinderkanal) entwickeltBild: Schunk/SZ Photo/picture alliance Claus

Bernd-Schöpfer Tommy Krappweis hat dazu deutlich erklärt, dass die unglückliche Liebe nicht der eigentliche Grund für Bernds Depressionen war. Sondern hauptsächlich die Tatsache, dass er existiert. Bernds größtes Problem ist nämlich, dass er gegen seinen Willen geboren wurde. Er hält sich und sein Leben für sinnlos. Seine Haupttätigkeit ist es, eine Wand anzustarren und sich gegen seine nervig-fröhlichen Freunde Chili und Briegel zu wehren.

Bernd bleibt also, was er ist: ein miesepetriges Brot, das ungewollt die Herzen erobert - in Deutschland, im Netz und nun auch im amerikanischen Fernsehen. Am Ende seines TV-Auftritts bei John Oliver verabschiedete sich Bernd das Brot standesgemäß vom US-Fernsehpublikum: "Mein Leben ist die Hölle." Damit hat er einen bleibenden Eindruck hinterlassen und tausende neue Fans gewonnen - natürlich gegen seinen Willen.

Wuensch Silke Kommentarbild App
Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online