Belgische Regierung schnürt milliardenschweres Sparpaket
11. März 2012Belgien zieht die Sparschraube weiter an und verschärft den eingeschlagenen Sparkurs. Der laufende Haushalt werde um weitere 1,82 Milliarden Euro gekürzt, teilte Ministerpräsident Elio Di Rupo am Sonntagmorgen nach Abschluss einwöchiger Verhandlungen der Koalitionsregierung aus sechs Parteien mit. Außerdem werden Ausgaben über 650 Millionen Euro eingefroren für den Fall, dass eine schwache Wirtschaftsentwicklung zusätzliche Einsparungen nötig macht.
Steuererhöhungen und Geldbußen
Mit den Einschnitten setzt Belgiens Regierung alles daran, die EU-Haushaltsvorgaben einhalten und drohenden Sanktionen zu entgehen. Das Defizit werde 2012 bei 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen und damit knapp unter den erlaubten 3 Prozent bleiben, sagte Di Rupo: "Mit diesem Budget ist unser Land ein Musterschüler in Europa."
Der Sozialist nannte die Maßnahmen "gerecht und ausgewogen": Trotz des schwierigen Umfelds bleibe die Kaufkraft der Verbraucher und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhalten. Man habe sich bewusst dagegen entschieden, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, den Mindestlohn zu senken oder Renten und Familienhilfen anzutasten. Dafür sieht das Paket - neben niedrigeren Ausgaben zum Beispiel in der Entwicklungshilfe - eine höhere Tabaksteuer sowie Strafen gegen Steuerbetrüger und eine Steuer auf Börsentransaktionen.
Standard & Poor's sorgte für Tempo
Die EU-Kommission hatte Druck gemacht, damit Belgien beim Haushalt nachbessert. Laut Prognose der EU-Behörde wird die belgische Wirtschaft in diesem Jahr leicht um 0,1 Prozent schrumpfen - nach 1,9 Prozent Wachstums 2011. Unter den Regeln des verschärften Euro-Stabilitätspaktes drohen dem Land Sanktionen. Das Königreich hat eine hohe Staatsverschuldung von rund 100 Prozent der Wirtschaftsleistung und ist in das Visier der Finanzmärkte gelangt. Für Tempo bei den Koalitionsverhandlungen hatte die Ratingagentur Standard & Poor's gesorgt, die die Kreditwürdigkeit Belgiens um eine Note von bisher "AA+" auf "AA" senkte und mit weiteren Herabstufungen gedroht hatte.
Das Land steckte 2010 und 2011 in einer politischen Krise und war nach den Wahlen fast eineinhalb Jahren ohne gewählte Regierung - ein Weltrekord. Erst im Dezember 2011 fand sich eine neue Regierung aus Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen aus beiden Landesteilen (Flandern und Wallonien) zusammen.
pg/det (dpa, afp, rtr)