Ausreise aus Turkmenistan jetzt noch schwieriger
28. Mai 2003Köln, 27.5.2003, DW-radio / Russisch
Nachrichtenagenturen zufolge ist in Turkmenistan die Erteilung der Ausreisegenehmigungen verschärft worden. Gemäß einer Anordnung des Präsidenten des Landes dürfen solche Genehmigungen Frauen unter 35 Jahren, jungen Männern, die den Wehrdienst noch nicht absolviert haben, und Mitgliedern einer ganzen Familie gleichzeitig nicht mehr erteilt werden. Eine Ausnahme gilt für Frauen, die jünger als 35 Jahre sind und mindestens zwei Kinder haben. Ein Mitarbeiter des turkmenischen Innenministeriums, der ungenannt bleiben möchte, bestätigte dem Korrespondenten der Deutschen Welle in der Region, Oras Saryjew, dass eine entsprechende geheime Anordnung von Saparmurat Nijasow im Innenministerium des Landes tatsächlich besteht.
Was sagen die Turkmenen selbst dazu? Hier ein Turkmene, der sich derzeit in Russland aufhält und ebenfalls ungenannt bleiben möchte, um mit seinen Worten seinen Verwandten in Turkmenistan nicht zu schaden:
"Die turkmenischen Behörden haben schon vor etwa 20 Tagen mit der faktischen Umsetzung des nun bekannt gewordenen Beschlusses über die Verschärfung der Ausreisegenehmigung begonnen. Wie mir bekannt ist, ist es den Einwohnern des turkmenischen Dorfes Gasatschak, das sich an der Grenze zu Karakalpakstan befindet, unmöglich geworden, ihre Verwandten in der benachbarten usbekischen Enklave in Usbekistan zu besuchen. Einfachen Leuten wird es verwehrt, im Notfall zur Behandlung ins Ausland zu reisen, dort Verwandte zu besuchen oder dort an einer Hochschule zu studieren. Personen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, werden gezwungen, die zweite – die russische – aufzugeben. Außerdem sind die Ausreisegenehmigungen, die derzeit für eine Ausreise aus Turkmenistan verlangt werden, unverhältnismäßig teuer - sie kosten etwa umgerechnet 100 US-Dollar. Ich habe mich entschieden, meine drei Kinder, die heute an russischen Hochschulen studieren, für immer in Russland zu lassen. Erstens ist eine russische Ausbildung und ein russisches Diplom in Turkmenistan nicht gefragt, und zweitens, möge Gott bewahren, dass sie in den Ferien in ihre historische Heimat fahren, dann werden sie nicht mehr zurückkehren können. Deswegen bin ich nach Russland gekommen, um meine Söhne und die Kinder meiner Verwandten hier unterzubringen."
Turkmenische Studenten, die in ausländischen Hochschulen studieren, müssen es sich jetzt gut überlegen, ob sie für die Ferien nach Hause fahren. Dazu eine Studentin des Moskauer Instituts für Automechanik, die ebenfalls aus den selben Gründen ungenannt bleiben möchte:
"Unsere Verwandten haben uns gesagt, dass wir für die Ferien nicht zurück nach Turkmenistan kommen sollen. Die Behörden haben einen Beschluss gefasst, der es uns nicht erlauben wird, aus Turkmenistan wieder auszureisen. Deswegen haben wir uns entschieden, die Ferien hier zu verbringen. Unter uns befinden sich turkmenische Frauen, die in Russland geheiratet haben. Sie können von den turkmenischen Behörden verklagt werden, da gemäß einem Erlass von Saparmurat Nijasow diese Frauen an den turkmenischen Staat für die Eheschließung mit einem Ausländer 50 000 US-Dollar zahlen müssen. Nach dem Studium haben sie beschlossen, so wie wir, in Russland zu bleiben."
Dem kann man noch hinzufügen, dass Pressemeldungen zufolge an den Flugschaltern und in den Reisebüros die Stapel mit Tickets für die Flüge Moskau-Aschgabad immer höher werden. Die Tickets werden vor allem von Studenten, die an russischen Hochschulen studieren, zurückgegeben, vor allem nachdem der Erlass des Präsidenten über die Außerkraftsetzung des Abkommens über die doppelte Staatsbürgerschaft mit Russland herausgegeben wurde.
Ab diesem Jahr wird die Anzahl turkmenischer Studenten an ausländischen Hochschulen deutlich zurückgehen. Wegen der vom Präsidenten verschärften Erteilung der Ausreisegenehmigungen wird es den Absolventen der turkmenischen Schulen schwer fallen, im Ausland zu studieren. Ferner hat das turkmenische Bildungsministerium nach Informationen des britischen Institute for War and Peace die Schuldirektoren geheim angewiesen, Abschlussfeiern zu untersagen.
Der turkmenische Staat ist bestrebt, nicht nur die Kontrolle über die Ein- und Ausreise zu verstärken, sondern auch die Kontrolle über die Armee. Einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax vom Dienstag (27.5.) zufolge wird in Turkmenistan die Verabschiedung eines Gesetzes vorbereitet, gemäß dem alle Militäreinheiten sich ausschließlich nach schriftlicher Genehmigung des Präsidenten innerhalb des Landes bewegen dürfen. Auch Militärübungen auf allen Ebenen sollen künftig nur auf Anordnung des Präsidenten und mit Zustimmung des Militärrates des Landes absolviert werden. (MO)