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Ausländer können in Bulgarien keinen Boden erwerben

9. Juli 2002

– Verfassungsbestimmung kann aber durch Gründung und Registrierung einer Kapitalgesellschaft in Bulgarien umgangen werden

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Sofia, Juli 2002, WIRTSCHAFTSBLATT, deutsch

Die Entwicklung des bulgarischen Immobilienmarktes wird neuerdings von zwei wichtigen Faktoren mitbestimmt - der erwarteten Einladung zum NATO-Beitritt und den Verhandlungen über die Aufnahme Bulgariens in die EU. (...) Erst nach Erreichen dieser Ziele sei mit einer spürbaren Verbesserung der Situation im Immobilienhandel zu rechnen. In der bulgarischen Verfassung, die den Verkauf von Grund und Boden an Ausländer untersagt, müssen Änderungen vorgenommen werden. Wenn ausländische Bürger das Recht erhielten, in Bulgarien Bodenparzellen zu erwerben, so würde dies den Immobilienmarkt beleben. (...)

Gemäß Art. 21 der Verfassung der Republik Bulgarien gilt der Boden als ein grundlegender nationaler Reichtum, der den besonderen Schutz des Staates und der Gesellschaft genießt. Der Erwerb von Eigentumsrechten am Boden durch ausländische natürliche und juristische Personen ist daher immer noch verfassungswidrig (Art. 22 der Verfassung). Jedoch räumt das bulgarische Recht die Möglichkeit ein, ein besonderes Nutzungsrecht (Grunddienstbarkeit) oder ein Baurecht zu erwerben. Der ausländische Käufer einer Eigentumswohnung oder eines Hauses erwirbt das sog. besondere Baurecht an der Wohnung oder dem Haus, am Boden jedoch nur einen ideellen Anteil. Der direkte Eigentumserwerb ist damit verwehrt. Insbesondere der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen ist ebenfalls unzulässig.

Die Praxis hat zusammen mit der Rechtsprechung bestimmte Konstellationen entwickelt, die nicht nur verfassungsgemäß sind, sondern dem ausländischen Erwerber auch weitergehende Rechte verschaffen. Eigentumsrechte an der Immobilie und am Boden können ohne weiteres von einer in Bulgarien gegründeten und registrierten Kapitalgesellschaft (GmbH oder AG) erworben werden. Unerheblich ist dabei, ob die ausländische Beteiligung an der Gesellschaft über 50 Prozent liegt.

Ein ausländischer Interessent kann also über die in wenigen Tagen mögliche Registrierung etwa einer GmbH in kurzer Zeit eine Eigentumswohnung oder ein Haus mit dem Bodenanteil erwerben, ohne dass hierfür eine Genehmigung erforderlich wäre. Beim Erwerb einer landwirtschaftlichen Nutzfläche entstehen Verzögerungen überwiegend dadurch, dass die Umwidmung der Fläche, etwa für eine Bebauung, von weiteren Genehmigungen abhängig ist.

Mit einer Novelle der bulgarischen Verfassung in Bezug auf die obigen Regelungen ist erst in den kommenden Jahren zu rechnen, wenn Bulgarien seine Rechtsordnung im Hinblick auf einen EU-Beitritt weiter öffnen muss. (fp)