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ARD-Deutschlandtrend: USA kein verlässlicher Partner mehr

6. März 2025

Donald Trump, der Krieg in der Ukraine, aber auch mögliche Rekord-Schulden in Deutschland sind Themen für die Meinungsforscher von infratest-dimap.

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Donald Trump bei seiner Rede vor dem Kongress, März 2025, gestikulierend
Seit der erneuten Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump leidet das Vertrauen der Deutschen in die USABild: Win McNamee/POOL/AFP/Getty Images

Am 23. Februar wurde in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Nicht einmal zwei Wochen sind seitdem vergangen und schon haben die Wahlsieger CDU/CSU und die bisher regierende SPD erste Weichen für eine mögliche Koalition gestellt. Die drei Parteien sind sich einig, dass sie massiv in die marode Infrastruktur in Deutschland und in die Verteidigung des Landes investieren wollen. 

Bei den Bürgern stoßen sie mit diesen Vorhaben grundsätzlich auf breite Zustimmung. Zwei Drittel befürworten größere Budgets für die Bundeswehr, acht von zehn sind für Infrastrukturprojekte. Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend im Auftrag der Tagesthemen hervor, für den das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap am 4. und 5. März 1325 wahlberechtigte Deutsche repräsentativ befragt hat.

Woher soll das Geld kommen?

Das Problem der künftigen Bundesregierung: Für beide Vorhaben fehlen die Mittel im Haushalt. Klar ist, es müssten hunderte Milliarden Euro Schulden gemacht werden. Stößt auch das auf die Zustimmung der Bürger?

Insgesamt sechs von zehn Wahlberechtigten und auch gut zwei Drittel der Unions-Anhänger unterstützen eine höhere Schuldenaufnahme. Mehrheitlich ablehnend äußern sich die Anhänger der in Teilen rechtsextremen AfD.

Deutschland rüstet auf - als Reaktion auf die US-Außenpolitik

Es wäre das bislang umfangreichste Schuldenpaket in der deutschen Geschichte. 500 Milliarden Euro sollen in den kommenden zehn Jahren in die Modernisierung der Infrastruktur fließen. Dafür soll ein kreditfinanziertes Sondervermögen eingerichtet werden. Um Schulden für höhere Verteidigungsausgaben machen zu können, soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert werden. 

"Whatever it takes", mit diesen Worten unterstrich der voraussichtlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz die Absicht der künftigen Regierung, Deutschlands militärische Fähigkeiten deutlich zu verbessern. Es ist die Reaktion auf die Außenpolitik von US-Präsident Donald Trump. Seit sechs Wochen ist er erneut im Amt und stellt so ziemlich alles in Frage, was das Land bislang ausmachte. Das beeinträchtigt die Sicht der Bundesbürger auf Trump und die USA massiv. 

Jeder zweite Deutsche gibt an, seine Meinung zu Donald Trump habe sich seit dessen Amtsantritt verschlechtert. Gerade einmal jeder Siebte äußert sich zum US-Präsidenten wohlwollend. Zugleich bricht das Ansehen der USA ein und erreicht einen neuen Tiefststand im ARD-Deutschlandtrend. Die USA sind für nur jeden sechsten Wahlberechtigten noch ein Partner, dem Deutschland vertrauen kann. Drei Viertel sind der Ansicht, dass sich die NATO-Partner auf den Schutz der USA derzeit nicht verlassen können. 

NATO bleibt wichtig für Europa

Die NATO selbst stellen die Deutschen nicht infrage. 84 Prozent sagen, das Nordatlantische Verteidigungsbündnis sei wichtig, um den Frieden in Europa zu sichern. Eine größere Unabhängigkeit Europas von der Militärallianz findet dennoch Sympathien. Jeder Zweite ist dafür, ein europäisches Militärbündnis aufzubauen.

Zum Ansehensverlust der USA bei den Deutschen trägt die US-Kehrtwende in der Ukraine-Politik maßgeblich bei. Die USA haben ihre Waffenhilfe für das von Russland angegriffene Land ausgesetzt. Der Eklat beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus hat die Gräben zwischen Washington und Kyiv noch tiefer werden lassen.

Die Europäer wollen der Ukraine in ihrem Abwehrkampf weiter beistehen. Sechs von zehn Bundesbürgern halten es allerdings für realitätsfern, dass die europäischen Staaten die US-Unterstützung für die Ukraine kompensieren können. Europa sei dazu nicht in der Lage, meinen sie im ARD-Deutschlandtrend. 

Selenskyj wirbt für eine Feuerpause

Doch was wäre, wenn es zu einem Waffenstillstandsabkommen zwischen Russland und der Ukraine kommen würde? Eine deutsche Beteiligung mit Bundeswehrsoldaten an der Friedenssicherung in der Ukraine findet bei den Bürgern annähernd gleich viel Zuspruch wie Ablehnung. 

Die USA machen Druck und wollen Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland offenbar um jeden Preis erzwingen. Selenskyj wäre schon froh, wenn es eine Feuerpause "am Himmel und auf See" geben würde, wie er vor dem EU-Gipfel in Brüssel sagte. Russland bombardiert die Ukraine weiterhin ohne Unterlass. Jeden Tag sterben Menschen, das Grauen geht unvermindert weiter. Auch den Deutschen bereitet das Sorgen. Angesichts der immer unsicherer werdenden Lage sind sie eher pessimistisch, wie es in Europa weitergehen wird.

73 Prozent der im ARD-Deutschlandtrend Befragten machen sich Sorgen um die Sicherheit in Europa. 68 Prozent bangen um die Menschen in der Ukraine - allerdings sind es 14 Prozent weniger als vor zwei Jahren. Zwei Drittel der Befragten machen sich Sorgen, dass Europa dem, was US-Präsident Trump und der russische Präsident Wladimir Putin vorhaben, schutzlos ausgeliefert sind. Ebenso viele Befragte sorgen sich um das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland.

Wie geht es in Deutschland weiter?

Auch wenn die Sondierungen zwischen Union und SPD laufen, macht sich immer noch jeder zweite Deutsche Sorgen, dass es nach der Bundestagswahl keine stabile Regierung geben wird. Die bundespolitische Stimmung unterscheidet sich hingegen nur wenig vom Ausgang der Bundestagswahl vor knapp zwei Wochen. 

Bei einem Wahlgang zum jetzigen Zeitpunkt wäre die CDU/CSU mit 29 Prozent mit Abstand stärkste Kraft, gefolgt von der AfD mit 21 Prozent. Die SPD hätte 16 Prozent, die Partei der Grünen zwölf Prozent in Aussicht. Die Linke würde neun Prozent erzielen. Während das BSW mit fünf Prozent abermals damit rechnen müsste, nicht in den Bundestag einziehen zu können, würde die FDP mit drei Prozent noch klarer am Parlamentseinzug scheitern als am 23. Februar.