ARD-Deutschlandtrend: Mehrheit für mehr Druck auf Israel
7. August 2025Bald einhundert Tage ist die neue deutsche Regierung mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) an der Spitze im Amt. Üblicherweise ist das eine Frist, in der Beobachter eine erste Bilanz ziehen. Merz hat sich vor allem außenpolitisch profiliert. Er hat US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus besucht, die Ukraine mehrfach im Kampf gegen den Aggressor Russland unterstützt und den israelischen Premier Netanjahu zur Mäßigung beim Vorgehen der Armee im Gaza-Streifen aufgefordert. Innenpolitisch steht die neue Regierung vor allem für einen härteren Kurs bei der Migration. Wie bewerten das die Bürgerinnen und Bürger eine Woche vor der 100-Tage-Frist?
Nur vier von zehn Befragten trauen Merz das Amt zu
Friedrich Merz muss im neuen ARD-Deutschlandtrend einen Rückgang seiner Sympathiewerte hinnehmen: Deutlich weniger Menschen als noch im Februar, also zum Zeitpunkt der Bundestagswahl, trauen dem deutschen Regierungschef zu, gegen die illegale Zuwanderung etwas ausrichten zu können (minus zwölf Prozent). Insgesamt sind rund vier von zehn Befragten der Ansicht, dass Merz dem Amt gewachsen ist - naturgemäß sind es bei den Anhängern seiner Partei, also bei CDU und CSU, doppelt so viele.
Deutsche sorgen sich vor allem um die Geiseln
Schon früh nach seiner Wahl zum Bundeskanzler hat Merz in einem Interview erklärt, er verstehe nicht mehr, welche Ziele Israel im Gaza-Krieg verfolge. Zuletzt hatte der Kanzler den israelischen Premier Netanjahu unmissverständlich aufgefordert, das Leid der rund zwei Millionen Menschen in dem schmalen Küstenstreifen am Mittelmeer zu lindern. Anders als Frankreich, Großbritannien oder Kanada zögert Deutschland aber noch, einen palästinensischen Staat als Reaktion auf die Lage im Gaza-Streifen anzuerkennen. Über mögliche Sanktionen gegen Israel will Merz demnächst entscheiden. Halten die Menschen in Deutschland diesen Kurs für richtig?
Für die Menschen in Deutschland steht, glaubt man dem ARD-Deutschlandtrend, nach wie vor das Schicksal der Geiseln im Vordergrund, die von der islamistischen Terror-Gruppe Hamas immer noch gefangen gehalten werden. Und eine klare Mehrheit findet, der Bundeskanzler sollte seinen Druck erhöhen, damit Israel sein Vorgehen ändert. Sowohl Merz als auch sein Vorgänger, Olaf Scholz von der SPD, hatten stets betont, für sie gebe es nach wie vor eine besondere deutsche Verantwortung für Israels Existenz. Aber unter den Befragten des ARD-Deutschlandtrends denken nur noch 31 Prozent so, fünf Prozent weniger als zuletzt.
Wegen Trump: Große Sorgen um die deutsche Wirtschaft
US-Präsident Donald Trump überzieht die Welt weiterhin mit seinen zum Teil drastischen Zöllen. Mit der EU hat er vereinbart, dass Europa auf bestimmte Güter, die aus der EU in die Staaten exportiert werden, einen Zoll von 15 Prozent zahlen muss. Die USA wiederum sind von Zöllen bei Exporten in die EU befreit. Diese Übereinkunft mit EU Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen ist höchst umstritten und hat für viele Schlagzeilen gesorgt.
Die Deutschen machen sich angesichts der oft verwirrenden Zoll-Politik des Präsidenten nach wie vor Sorgen um die wirtschaftliche Stabilität: 65 Prozent sind besorgt oder sogar sehr besorgt, lediglich fünf Prozent machen sich gar keine Sorgen. Allerdings hatten sich bei der letzten Befragung noch mehr Menschen Sorgen gemacht. Sicher eine Folge der schwankenden Politik Trumps.
Wenig Vertrauen in den neuen Kanzler
Merz hatte noch vor seiner Wahl dafür gesorgt, dass der Bundestag die bislang rigide deutsche Schuldenbremse änderte. Für neue Schienen, Straßen und bessere Schulen sollen in den nächsten Jahren 500 Milliarden Euro bereitgestellt werden, für die Aufrüstung der Bundeswehr mindestens noch einmal der gleiche Betrag. Es ist eine klare Abkehr von den Versprechen der Konservativen im Wahlkampf, keine neuen Kredite aufzunehmen. Hat das am Image des neuen Kanzlers gekratzt? Welche Ansicht haben sich die Menschen in den letzten Wochen über Friedrich Merz gebildet? Nur 26 Prozent der jetzt Befragten finden, Merz sei jemand, dem man vertrauen kann. Das sind noch einmal drei Prozent weniger als im Februar.
Das Ergebnis der Bundestagswahl im Februar hat gezeigt: Wie in vielen anderen Ländern geht auch in Deutschland die Tendenz nach rechts. Und die Gesellschaft polarisiert immer mehr. Die in Teilen rechtsextreme "Alternative für Deutschland" (AfD) konnte ihren Stimmenanteil mit rund 20 Prozent gegenüber der Wahl von 2021 verdoppeln. Die Amtsübernahme von Merz am 6. Mai hat diesen Trend bislang nicht stoppen können. Im Gegenteil: Befragt danach, welche Partei sie am kommenden Wochenende wählen würden, wenn denn Wahlen anstünden, sprechen sich 27 Prozent für die Konservativen von CDU und CSU aus, und die AfD kann noch einmal auf nun 24 Prozent zulegen. Die drei anderen im Bundestag vertretenen Parteien, die Sozialdemokraten, die Grünen und die Linken, verharren bei ihren zuletzt gemessenen Werten.
Für den aktuellen ARD-Deutschlandtrend befragte das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap zwischen dem 4. und dem 6. August diesen Jahres 1321 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger.