Allmähliche Verbesserung der bulgarisch-russischen Beziehungen
5. Dezember 2001Sofia, 5.12.2001, 1013 GMT, RADIO BULGARIEN, deutsch
Das Verhältnis zwischen Bulgarien und Russland hat in den vergangenen Jahren eine Abkühlung erlebt, die einen überraschen könnte, wenn man das traditionell enge Verhältnis der beiden Staaten vor Augen hat. Aber die Annährung Bulgariens an die NATO hat in Moskau nicht gerade Begeisterung hervorgerufen. Trotz gegenseitiger Erklärungen des guten Willens gab es sogar sehr unfreundlicher Vorfälle, wie etwa die Ausweisung russischer Diplomaten aus Bulgarien und umgekehrt bulgarischer Diplomaten aus Russland. Jetzt scheint sich die Entwicklung aber wieder umzukehren. (...)
Vor einigen Monaten hat Moskau die Absicht Sofias begrüßt, die gegenseitigen Beziehungen wieder zu verstärken. Jetzt hat der russische Botschafter in Sofia, Wladimir Titow, dem neugewählten aber nicht amtierenden Präsidenten Georgi Parwanow die Grüße des russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgehändigt und dabei die Hoffnung ausgedruckt, dass das bulgarisch-russische Verhältnis sich verbessern werde. Am Montag (3.12.) kam es im Rahmen des Ministertreffens der OSZE zu Gesprächen zwischen dem bulgarischen Außenminister Solomon Passi und seinem russischen Amtskollegen Igor Iwanow. Beide erklärten, es gebe keine Probleme. Passi eröffnete seinem russischen Kollegen, dass Bulgarien keine Vorurteile gegenüber Russland hege und Iwanow vertrat die Ansicht, dass die Annährung Bulgariens an die NATO keine Belastung für die Beziehungen zwischen Russland und Bulgarien darstelle. Solche Äußerungen gab es auch schon vorher, aber jetzt sind die Umstände etwas anders. Im Verlauf der internationalen Antiterrorkampagne ist in den Beziehung zwischen Russland, den USA und der NATO eine Auffrischung eingetreten, die sich nun als Nebeneffekt auch positiv auf das bulgarisch-russische Verhältnis auswirkt.
In Bukarest haben Iwanow und Passi einige wichtige Punkte für die Zukunft besprochen. Passi wird Anfang nächsten Jahres Moskau besuchen, für etwas später ist der Besuch des bulgarischen Ministerpräsidenten Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha geplant. Weniger konkret sind die Pläne für einen Gegenbesuch Putins in Sofia, aber immerhin es gibt Pläne. Außerdem werden die beiden Länder im Rahmen des UNO-Sicherheitsrates zusammenarbeiten. Angesichts der Tatsache, dass Bulgarien beigeordnetes Mitglied des UNO-Sicherheitsrates ist, kann man davon ausgehen, dass diese Zusammenarbeit recht aktiv ausfallen wird.
Und noch etwas: Trotz der bis vor kurzem erkennbaren Abkühlung im Verhältnis der beiden Länder auf Regierungsebene haben sich die Verhältnisse auf Nichtregierungsebene positiv entwickelt. In Bulgarien gibt es keine einzige politische Kraft, die gegen eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland etwas einzuwenden hat. So ist es auch in Russland. Zum Beispiel haben die Stadtverwaltungen von Sofia und von Moskau in den letzten Jahren eine enge Zusammenarbeit aufgenommen. Am Montag war eine Delegation aus der bulgarischen Stadt Plewen in Moskau und hat dort Kränze vor dem Denkmal der russischen Soldaten abgelegt, die in den Jahre 1878/79 an der Befreiung Bulgariens vom Osmanischen Reich beigetragen haben. Plewen war damals eine erbittert umkämpfte türkische Festung. Im Gegenzug hat der Verwaltungsbezirk Moskau erklärt, er werde jährlich 25 000 Dollar zum Unterhalt der Denkmäler beitragen, die in Plewen an den russisch-türkischen Krieg dieser Jahre erinnern. (...) Die Annährung der beiden Regierungen wird also von einer breiten gesellschaftlichen Basis getragen.
Wichtig ist jetzt, dass sich die verbesserten politischen Beziehungen auch eine Entsprechung auf wirtschaftlichem Gebiet finden. Hier hängt viel von der bevorstehenden Sitzung der russisch-bulgarischen Kommission für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit ab, um so mehr als die bevorstehende Sitzung die erste seit vollen drei Jahren ist. (fp)