Albanischsprachige Zeitung FAKTI beklagt verstärkt gewaltbereite Kräfte innerhalb der albanischen Volksgruppe in Mazedonien
22. Oktober 2003Skopje, 17.10.2003, FAKTI, alban.
Die Zeit nach dem Konflikt in Mazedonien ist nicht frei von abweichenden Phänomenen und Verschiebungen. Eine solche beunruhigende Normabweichung geschieht auch in der albanischen Gemeinschaft. Es traten maskierte Räuber auf, deren Ideal Diebstahl und sonst nichts ist. Bedrohungen und Erpressungen gegen albanische Geschäftsleute endeten nicht selten in der Entführung und gelegentlich dem mysteriösen Verschwinden von Personen. Das Eindringen von bewaffneten Personen in die Rechtsorgane mit dem Ziel, ihr "Recht" und das rücksichtlose Herbeiführen einer Entscheidung durch die Sprache der Gewalt in unterschiedlichen Zusammenhängen und Umständen, haben eine Lage geschaffen, in der das normale Funktionieren der albanischen Gesellschaft hier in Mazedonien in Frage gestellt ist.
Meldungen aus Tetova und jüngst auch aus Shkup (Skopje – MD) sprechen von einer militaristischen Vorgehensweise einiger albanischer Einzelpersonen und Gruppen. Während solche Leute in Tetova beschlossen haben, die Institutionen der Hochschulbildung zu schänden, indem sie unausgegorene Lösungen verkünden, damit die Studenten das Gebäude der UT (Universität von Tetova – MD) besetzen, streiten sich die Menschen in Shkup untereinander über die Manipulation von Ergebnissen bei der Wahl des Muftis der Stadt.
Uns ist nicht klar, wie sich solche Gruppen oder Individuen mit militaristischen Tendenzen oder Geschäftsleute zu Rettern der Nation aufschwingen können und wer ihnen sagen kann, dass sie damit aufhören sollen. So lange diese offensichtliche Usurpation des freien Wettbewerbs der Ideen und Projekte in Bildung, Kultur, Wirtschaft, Religion und so weiter andauert, werden wir, die Albaner in Mazedonien, aufgrund der genannten Probleme große Schwierigkeiten haben, und das auch noch aus einem anderen Grund: Von jetzt an werden wir keinen Grund haben, uns zu beschweren, die Mazedonier folterten uns. Leider kommt die Folter von albanischen Einzelpersonen und Gruppen. Letztere sind mit unerklärlicher Leichtigkeit mit Hilfe von Unterstellungen in die mysteriösen Pläne zur Lösung akuter Probleme hineingelangt und ersetzen auf diese Weise die normalen Lösungen innerhalb der Institutionen durch ihre bizarren Lösungen.
Wer sind diese Leute, die uns so viel "geholfen" haben? Oder: Warum tauchen sie ausgerechnet jetzt auf, wo es auf politischer Ebene den Willen zur Lösung der Probleme eines nach dem anderen gibt? Das brutale Eindringen in das Lehrerzimmer und die Forderung, dass der eine oder andere Schüler so und so viele unverdiente Punkte erhält, bei der Wahl des Muftis von Shkup einzugreifen und über Nacht zum Eigentümer eines imposanten Gebäudes in Tetova zu werden – all das geschieht "im Namen des Volkes" und hat nichts zu tun mit dem Volk, mit Gerechtigkeit, Religion oder der Ausbildung der Albaner.
Dieses Paradoxon der Einmischung in die albanische Gesellschaft in militärischem Stil wirft zwei Probleme auf. Einerseits macht es die Arbeit der albanischen Politiker, besonders der aus der Regierungspartei, schwieriger, und andererseits gibt es den mazedonischen Staatsvertretern und den internationalen Vertretern hier einen Vorwand, nicht nur Vorurteile zu schaffen, sondern auch Mechanismen für die Verzögerung der Lösung einiger dringlicher Fragen im Zusammenhang mit dem Status und dem Wohl der Albaner hier in Mazedonien.
Die große Eile, mit der (die Tabakfabrik – MD) Monopol in Tetova besetzt wurde, die bizarre "Beratungstätigkeit" in der Frage der Wahl des Mufti in den Gemeinden und die extrem brutale Einmischung Bewaffneter in albanischen Schulen und Institutionen haben einen gemeinsamen Nenner: Bemühungen, die Praxis im anti-albanischen Diskurs zu bestätigen, nämlich, dass das größte Übel von uns selbst ausgeht und wir uns selbst blockieren. (MK)