Albanischer Premier spricht den Çamen den Status einer ethnischen Gemeinschaft ab
20. Mai 2003DW-radio/Albansich, 18.5.2003, Odhise Kote
Der albanische Premierminister Fatos Nano hat bei einem Treffen mit Funktionären seiner Sozialistischen Partei aus Südalbanien am Wochenende in Gjirokastër die Bedeutung der grenzüberschreitenden regionalen Zusammenarbeit betont. Diese neue Mentalität müsse sich in den Köpfen der führenden Kräfte festsetzen. Nano äußerte sich zu mehreren wichtigen Fragen, so zur Entschädigung für frühere politisch Verfolgte, zur griechischen Minderheit, zur Çamenfrage (Çamen: albanischsprachige Bevölkerungsgruppe im Nordwesten Griechenlands, viele von ihnen flohen 1944 nach Albanien - MD) und ihrer Lösung sowie dem Verhältnis zu Griechenland.
Was die Lösung aller dieser Fragen angeht, kritisierte er die Haltung der Opposition. Sie sei mit ihren Positionen gescheitert und schüre nur die Spannungen auf dem Balkan.
Nano: Die Opposition treibt Missbrauch mit den Problemen eines Teils der Albaner in Bezug auf Griechenland, so mit der çamischen Frage. (...) Die anachronistische, absurde und paradoxe Situation des Kriegszustands zwischen Albanien und Griechenland ist in den Archiven. Es hat ein Prozess der Kooperation zwischen den Staaten und den Regierungen und den Verwaltungen, den juristischen und ökonomischen Experten begonnen, um alle Probleme zu überwinden, um alle Probleme der Entschädigungen für die Vermögenswerte zu lösen, die durch den 40jährigen Kriegszustand zwischen Albanien und Griechenland verloren gingen. Das gilt für alle Albaner, auch für die Çamen, auch für die griechische Minderheit, und alle Bemühungen, die Lösung für die Çamen von dieser umfassenden Lösung auszuklammern, sind geeignet, die Sache der Çamen zu ersticken.
Er und die von ihm geführte Regierung seien keine Abenteurer. Es sei, so Nano, falsch, "auf dem heutigen Balkan alte Fragen zu stellen in einer Zeit, da die Çamen nicht nur in Albanien leben. Die Çamen sind keine ethnische Gemeinschaft, sie sind eine kulturelle Gemeinschaft. Sie existieren auch in Griechenland, auch in anderen Ländern. Wir wollen nicht, dass Grenzveränderungen verlangt werden, Gemeinschaften gegen einander aufgehetzt werden, Länder gegen einander aufgebracht werden. Wir sind keine Abenteurer, die zulassen würden, dass mit einem befreundeten Nachbarstaat, Mitglied der EU, NATO-Mitglied so etwas passiert
Wir wollen keine Probleme auf dem Balkan schaffen". (...) (MK)
DW-radio / Albanisch, 19.5.2003
Die rechte Opposition in Albanien reagierte mit Pressekonferenzen auf die Aussagen Nanos in Gjirokaster. Der örtliche Vorsitzende der PD in Gjirokaster, Roland Bejko, wandte sich vor allem gegen die Aussage von Fatos Nano in Gjirokastër, die Çamen seien keine ethnische Gemeinschaft.
Bejko: "Der Premier hat behauptet, die Çamen seien keine ethnische Gemeinschaft. Das können die Geschichtsschreiber besser erklären. Der Premierminister ist kein Geschichtsschreiber. Meiner Meinung nach sind die Çamen eine ethnische Gemeinschaft. Soweit wir die Geschichte kennen und nach dem, was wir gelesen haben, verlieren sie ihre international verbrieften Rechte, wenn man ihnen den Status einer ethnischen Gruppe abspricht." (...)
Bejko fügte hinzu, die Çamen müssten die griechische Staatsbürgerschaft erhalten. Dann könnten sie durch alle Instanzen vor griechischen Gerichten um Entschädigung für verlorenes Eigentum klagen. Sollten sie dort scheitern, könnten sie den internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen.
Er wies darauf hin, dass viele Çamen in den südalbanischen Gemeinden Vlora, Saranda und Delvina leben, wo auch die griechische Minderheit lebe. Dort könne es zu Empfindlichkeiten und Problemen kommen. Die Demokraten weisen auf das Bündnis von Nano mit der griechischen Minderheit und ihrer Union für Menschenrechte hin. Die PD ist der Ansicht, Nano diffamiere die PD absichtlich als Feind der Minderheiten und der Union für Menschenrechte. (...) Die PD sei offen für ein Bündnis für die Union für Menschenrechte. Sie sei eine albanische Partei. (...) (MK)