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Albanischer Oppositionsführer wirft Regierung Verletzung der Pressefreiheit vor

13. Mai 2003

– Premier Nano wird massive Einschränkung der Berichterstattung über die Arbeit der Regierung vorgeworfen

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Köln, 13.5.2003, DW-radio / Albanisch, Ani Ruci

Oppositionsführer Sali Berisha hat heute in Tirana eine Parlamentsdebatte über die Freiheit der Medien verlangt. Nach Worten Berishas ist die unabhängige Presse durch den Druck der Regierung, die Veröffentlichung unliebsamer Meldungen zu verhindern, in Gefahr. Dieser stelle die Unternehmen vor die Alternative, aufzugeben, zu gehen oder sich zu unterwerfen.

Auf der Sitzung der Fraktion seiner Demokratischen Partei sagte Berisha, er sei besorgt, dass die Politik die Möglichkeit habe, solchen Druck auf die unabhängigen Medien auszuüben. Ihm zufolge muss die PD dieses Problem vorrangig behandeln, weil das freie Wort sehr wichtig für die Entwicklung der Demokratie und das wichtigste Menschenrecht überhaupt sei.

Vor Journalisten sagte Berisha: "Wenn diese Debatte nicht sofort stattfindet, dann gehen die Medien zum Teufel. Wenn wir dem Tyrannen aus Tirana (gemeint ist Premierminister Fatos Nano – MD) nicht Einhalt gebieten, werden die Medien endgültig zerstört. Wir stehen vor Wahlen. Können Sie sich vorstellen, was dieser Tyrann im Wahlkampf machen wird?

Berishas Besorgnis wird von einer Gruppe von Verlegern und Journalisten geteilt. Premierminister Fatos Nano und seine Regierung versuchten massiv Einfluss auf die Berichtserstattung über die Arbeit der Regierung zu nehmen. Sie versuchten, ihr genehme Nachrichten auszuwählen und nur diese zur Veröffentlichung zuzulassen. Das verletze die Grundpfeiler der Medienfreiheit und könne einige Medien in eine Krise stürzen. Der Gruppe gehören die Zeitung Korieri, TV Klan, Top Channel, Revista Klan, bekannte Publizisten wie Fatos Lubonja, Andi Bejta, Mustafa

Nano und andere an. (MK)

"Medien sind nicht die Alleinschuldigen" – Gespräch mit dem Berater des Medienzentrums in Belgrad und einem der führenden Journalisten im früheren Jugoslawien, Hari Stajner

Skopje, 12.5.2003, UTRINSKI VESNIK, mazedonisch, Tamara Grcaroska

Frage:

In Ohrid (Mazedonien – MD) fand vor einigen Tagen ein Treffen der Chefredakteure und der Direktoren der Medien aus Serbien und Kosovo statt. Was sind Ihre Erwartungen?

Antwort:

Schon die Tatsache, dass sich hier zum erstenmal serbische und albanische Kollegen aus einem früheren gemeinsamen Staat trafen, ist bemerkenswert. Ich wäre ein großer Optimist, wenn ich jetzt sagen könnte, dass ein Treffen bald alle objektiven Probleme – seien sie emotionaler oder professioneller Natur - zwischen uns lösen würde. Auf jeden Fall ist es besser zu sprechen, als sich zu verkrachen oder auf den Anderen zu schießen. Aus dieser Perspektive gesehen, ist das erste Treffen und der Dialog zwischen den Kollegen aus Serbien und Kosovo von großer Bedeutung. Dieses Treffen erinnert mich an eine ähnliche Aktion von 1995, als wir, unabhängige Journalisten aus Serbien und Kroatien, beziehungsweise als wir, 13 Journalisten, nach Zagreb fuhren, um dort den ersten Kontakt mit unseren kroatischen Kollegen herzustellen, was für damalige Zeiten eine Sensation war. Vielleicht ist dies wegen der Lage von damals und heute kein guter Vergleich. Irgendwie hat mich das an das erste Treffen der serbischen und kroatischen Journalisten erinnert, als wir alle sagten, "Gott sei Dank, dass wie zusammen sitzen und sprechen können", und als wir allen zeigen konnten, dass es sowohl in Serbien als auch in Kroatien noch normale Menschen gibt, die bereit sind, zusammen über unseren journalistischen Beruf zu diskutieren.

Frage:

Sie gehören der Generation von Journalisten an, die den Zerfall Jugoslawiens miterlebt haben. Wie war die Rolle der Medien in dieser Zeit?

Antwort:

Ich gehöre nicht zu denen, die jetzt sagen, dass die Medien die Hauptschuldigen am Zerfall Jugoslawiens sind. Es stimmt aber auch, dass sie eine wichtige Rolle spielten. Ich spreche jetzt nur über die Hauptmedien in Serbien, die Milosevic missbraucht hat. Die Hauptmedien wie RT Srbija (Rundfunk und Fernsehen Serbiens – MD), "Politika" (Belgrader Tageszeitung – MD) und andere haben die Sprache des Hasses gewählt und damit den Weg für alles, was nach dem Zerfall Jugoslawiens 1990/1991 geschah - die Kriege und das Blutvergießen in Kroatien und Bosnien – geebnet. Ich meine, die Medien sind nicht die Alleinschuldigen, aber sie hatten eine negative Rolle, und das stimmt.

Frage:

Hat der Zerfall Jugoslawiens ein Vakuum bei den Journalisten in Serbien verursacht? Haben die regimetreuen Medien es verursacht?

Antwort:

Und wie! Wir fühlen das gerade jetzt. Nach dem Zerfall des Milosevic-Regimes, nachdem die Medien frei wurden, ich will nicht sagen unabhängig, sehe ich diesen tiefen Graben, der in 10 - 13 Jahren Milosevic-Regime entstand. Es ist unglaublich, wie unser Beruf gelitten hat. Die normale Kontinuität der journalistischen Entwicklung und Bildung ist verloren gegangen. (...) Das gleiche wiederholte sich nach den Änderungen in Serbien im Oktober 2000. Das kann über Nacht nicht geregelt werden.

Frage:

Sie haben den Oktober 2000 erwähnt, als die Presse in Serbien frei wurde. In Serbien geschah aber etwas anderes: die Ermordung von Premierminister Zoran Djindjic und die Ausrufung des Ausnahmezustandes, von dem die Presse für kurze Zeit betroffen war. Es wurde noch mal bestätigt, dass die Presse in Serbien verwundbar ist. Wie haben das die Journalisten aufgenommen?

Antwort:

"Kein Journalist würde einen Ausnahmezustand befürworten. Im Gegenteil, das ist für die unabhängige Presse tödlich. Aber die Situation, in der wir uns nach der Ermordung Djindjics befanden, war, wenn ich so sagen darf, nur die "Spitze des Eisbergs", die Spitze der vernachlässigten Aufgaben nach Oktober 2000. Ich meine, der Ausnahmezustand war nötig und erforderlich. Das bestätigte auch die fruchtbare Arbeit der Polizei. Einige sagen, dass es bis jetzt in der Welt keiner geschafft hat, in so einer kurzen Zeit so viele Morde, Entführungen und so viele Drogendelikte aufzuklären. Das kann den Ausnahmezustand rechtfertigen. In solchen Situationen sind die Medien tatsächlich die Leittragenden. Sie waren verpflichtet, die Erklärungen des Innenministeriums und der Regierung zu veröffentlichen. Ich meine, das war auch die Rechnung, die bezahlt werden musste. (...)

Frage:

Die Medien wurden in der Zeit des Ausnahmezustandes unter Druck gesetzt. Einigen Journalisten wurde vorgeworfen, sie hätten enge Kontakte mit der Unterwelt gehabt. Was sind die Konsequenzen? Wird dies die Glaubwürdigkeit der Journalisten erschüttern?

Antwort:

Nein. Das waren Einzelfälle wie das Verbot der Zeitung "Nacional." Das war die Boulevardzeitung schlechthin. Keiner wird dieses Blatt vermissen. Ich kann über allgemeine Verbindungen zwischen Journalisten und Kriminellen nicht sprechen. Es waren Einzelfälle. Warum sollten sie keinen Journalisten kaufen, wenn sie in der Lage waren, Politiker, Richter, Staatsanwälte und Polizisten zu kaufen?

Frage:

Welche Position nehmen die Medien heute ein?

Antwort:

Es fehlten ernsthafte und wirksame Gesetze. Das Ergebnis war ein totales Chaos. Jeder konnte einen Sender eröffnen, wenn er Geld hatte, auch einen privaten Fernsehsender, oder eine Zeitung gründen. Das Medienchaos beinhaltete fast alles. Im früheren Jugoslawien war dies nicht möglich. Mehr oder weniger war dieser Bereich durch Gesetze geregelt. In Serbien wurde ein neues Informationsgesetz angenommen. Im Parlament wurden mehrere Gesetzentwürfe über den Medienbereich eingebracht. Das neue Gesetz wird die chaotische Lage normalisieren. (...) (fp)