Aktuelle Stunde des Bundestages zur Lage in Afghanistan
18. Oktober 2001In einer Aktuellen Stunde des Bundestages sprachen sich nicht nur Abgeordnete der Koalition, sondern auch der christdemokratischen und liberalen Opposition gegen eine Unterbrechung der amerikanischen Luftangriffe auf militärische Ziele in Afghanistan aus. Ein solche Unterbrechung war von Teilen der Grüne, einzelnen sozialdemokratischen Abgeordneten und der postkommunistischen PDS gefordert worden.
Erhebliche Meinungsverschiedenheiten gibt es dagegen in der Frage, mit welchen innenpolitischen Mitteln der Terrorismus im eigenen Land bekämpft werden sollte. Die CDU hatte dazu eigene Vorschläge eingebracht. Vergleichbare Beschlüsse der Bundesregierung stehen noch aus, da es nach wie vor erhebliche Differenzen zwischen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und Teilen der Koalitionsfraktionen der Grünen und der SPD gibt. Die Christdemokraten wollen die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden kann. Dabei - so der Abgeordnete Wolfgang Bosbach - gehe es nich darum, die Polizei zu ersetzen, sondern sie zu unterstützen.
Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) verwies als Beispiel für eine solche Unterstützung auf die Spezialeinheiten der Bundeswehr zur Abwehr von atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen. Sie hätten bei aktuellen Fällen, in denen man eine Bedrohung durch Milzbranderreger fürchtete, nicht eingesetzt werden können, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Der Koalition hielt Beckstein vor:
"Sie werden schuldig daran, daß Menschen längere Zeit in Quarantäne sein müsssen, weil wir nicht die Leute, die dafür ausgebildet sind, einsetzen können. Oder sorgen Sie dafür, daß die Bundeswehr endlich klare Miteilungen bekommt. Dann soll sich der Verteidigungsminister um das kümmnern, was in Deutschland passiert und nicht nur um die Frauen in Mallorca."
Bundesinnenminister Otto Schily zeigte durchaus Verständnis für die Vorschläge der Christdemokraten und nannte sie eine "nützliche Ideensammlung". Erneut verteidigte er seinen Anregung, in den Personalausweisen auch die Fingerabdrücke zu registrieren:
"Was zum Beispiel den Besuchern des Hannoeraner Zoos zuzumuten ist, daß sie da einen Fingerabdruck zur Erkennung hinterlassen, wenn sie da ein Dauergast sind, das ist auch den Menschen an den Paßkontrollstellen zuzumuten. Wer dann die Parole ausgibt, wir wollten ein Volk von Verdächtigen, der redet an der Realität vorbei."
Entschiedene Bedenken gegen die Vorschläge der Union meldete der Berliner Justizsenator und Grünen-Politiker Wolfgang Wieland an. Es seien ausnahmslos alte Konzepte aus der Mottenkiste. Das gelte für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren ebenso, wie für die optische Überwchung durch Videokameras oder die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung. Wieland fügte hinzu:
"Den Rechtsstaat verteidige ich nur, in dem ich ihn bewahre, und nicht in dem ich ihn abbaue. Genau dies wollen die Terroristen. Diesen Gefallen dürfen wir ihnen nicht tun."
Ausserhalb der Bundestagsdebatte kündigten Sozialdemokraten vom linken Parteiflügel an, daß man die Pläne des Innenministers auf dem bevorstehnenden SPD-Parteitag im November verhindern werde.