100 Tage Trump: Boom oder drohende Rezession?
30. April 2025Schon vor der US-Wahl im November 2024 war die Sorge groß, dass eine zweiten Präsidentschaft von Donald Trump Turbulenzen und Spannungen innerhalb der USA und auch mit anderen Ländern bringen könnte. Wie sehr er dann in den ersten 100 Tagen tatsächlich die Weltwirtschaft durcheinanderwirbelte, hat aber doch viele überrascht.
Mit einer Flut von Durchführungsverordnungen hat er begonnen, seine radikale Agenda umzusetzen, den Welthandel umzukrempeln und Massenabschiebungen zu initiieren. Außerdem wurden unter seiner Ägide die Bundesausgaben gekürzt und Bürokratie drastisch abgebaut durch die neu gegründete Behörde für Regierungseffizienz (Department of Government Efficiency, DOGE).
Trump hat der amerikanischen Öffentlichkeit ein "goldenes Zeitalter" des Wohlstands versprochen. Doch mit noch nie dagewesenen Zöllen auf importierte Waren hat seine Politik Unternehmen und Verbraucher stark verunsichert.
Trumps Rhetorik steht im Widerspruch zur Realität
Am stärksten betroffen sind Käufer von in China hergestellten Produkten, da auf solche Importe nun 145 Prozent Zoll anfallen.
Auch an den Finanzmärkten lief es anders als erwartet. Viele hatten damit gerechnet, dass die Aktienmärkte unter Trump 2.0 neue Allzeithochs erreichen würden und seine Unterstützung für Kryptowährungen eine neue Welle von Bitcoin-Käufen auslösen würde.
Doch die unberechenbare Art und Weise, wie Trump seine Zollpolitik vorantrieb, brachte Anleger dazu, dem normalerweise sicheren Hafen USA den Rücken zu kehren. Die Finanzmärkte gerieten ins Taumeln, der US-Dollar hat sich abgeschwächt und der Welthandel ist ins Wanken geraten.
Statt der "Bonanza für Amerika", die Trump in den sozialen Medien versprochen hat, gibt es nun das Risiko einer Rezession in den USA und der Weltwirtschaft.
Etwa die Hälfte der von der National Association for Business Economics (NABE) befragten Ökonomen meinen, dass die USA in diesem Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 bis 49 Prozent in eine Rezession schlittern. Bei den von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen warnen zwei Drittel vor einer "hohen" oder "sehr hohen" Wahrscheinlichkeit eines globalen Abschwungs.
Trump testet "strategisches Chaos" bis zum Äußersten
Das von Trump verursachte "strategische Chaos", wie einige Analysten sagen, hat Investoren, Verbündete und Gegner in die Defensive gedrängt. Nur China stellt sich im Zollstreit hart gegenüber den USA auf. Die Europäische Union (EU) hat dagegen Null-zu-Null-Zölle auf Industriegüter angeboten, also die Abschaffung aller Zölle auf beiden Seiten. Der US-Börsenindex S&P 500 liegt unterdessen immer noch zehn Prozent unter seinem Allzeithoch vom Februar.
Breite Zustimmung findet Trump damit im eigenen Land nicht. Sein Politikstil, die unorthodoxen Entscheidungen und die provokante Rhetorik mögen seine Stammwähler ansprechen, doch bei den meisten Amerikanern verfangen sie nicht: In einer neuen Umfrage von Pew Research wird Trump von 59 Prozent der Befragten abgelehnt.
Trump selbst lobt seine Wirtschaftspolitik und behauptet, sie werde Produktion zurück in die USA bringen und Arbeitsplätze schaffen. Viele Politiker und Experten sind dagegen überzeugt, dass die Politik des US-Präsidenten erheblichen wirtschaftlichen, sozialen und diplomatischen Schaden anrichtet.
"Es waren 100 Tage der Zerstörung", sagte der ehemalige demokratische Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz am Montagabend auf einer Veranstaltung der Harvard University. "Glauben Sie, wir können weitere 550 Tage überleben? Das ist die eigentliche Herausforderung, so lange dauert es noch bis zu den Zwischenwahlen."
Wie steht es um den Ruf der USA?
Der Ruf als stabilisierende Wirtschaftsmacht, den die USA in der Welt genossen, hat unter Trump ebenfalls erheblich gelitten. Das Anzweifeln des Klimawandels und die nachlassende Unterstützung internationaler Institutionen wie IWF und Weltbank tragen weiter dazu bei, das der Glaube an Amerikas Engagement für die globale Zusammenarbeit schwindet.
Der schwedische Wirtschaftswissenschaftler Lars Palsson Syll sieht die Schuld beim oft unberechenbaren Führungsstil des Präsidenten. "Trump hat unablässig neue Zölle verhängt, um sie dann auszusetzen und mehr als einmal wieder einzuführen", so der Wirtschaftshistoriker am Malmö University College zur DW. "Wie wir aus seiner ersten Amtszeit wissen, sind Trumps Entscheidungen sehr schwer vorherzusehen, was an sich schon zu größeren Turbulenzen beiträgt."
Zudem hat Trump geholfen, dass die Republikanische Partei im US-Kongress die Mehrheit hat. So wurden nahezu alle von ihm nominierten Kabinettsmitglieder rasch bestätigt, und beide Kammern billigten die Verlängerung des Bundeshaushalts bis September. Eine signifikante Opposition gegen Trumps Wirtschaftspolitik habe es dadurch nach Ansicht einiger Analysten nicht gegeben.
"Obwohl der Kongress theoretisch die finanziellen Fäden in der Hand hält und die Höhe der Ausgaben festlegt, gab es von den Mitgliedern so gut wie keinen Widerstand gegen Trumps Maßnahmen, die Größe des Staatsapparates radikal zu reduzieren", schrieb Paul Ashworth, Chefökonom für Nordamerika bei Capital Economics in London, in einem Forschungsbericht. "Die Demokraten haben keinerlei Widerstand geleistet."
Bereit für die nächsten 100 Tage?
Trumps Befürworter loben sein Handeln bei von ihnen empfundenen Problemen wie illegale Einwanderung und staatliche Verschwendung. Kritiker verweisen dagegen auf die zahlreichen rechtlichen Anfechtungen seiner Durchführungsverordnungen. Sie werden als Zeichen gesehen, dass der Präsident versucht, demokratische Normen auszuhebeln. Seit dem 20. Januar hat Trump mehr als 140 solcher Verordnungen erlassen.
"Während seiner Präsidentschaftskampagne sagte Trump offen, dass er im Falle seiner Wiederwahl wie ein Diktator handeln würde", so Palsson Syll. "In dieser Hinsicht scheint er sein Wort gehalten zu haben." Wenn Trump diesen Weg weiterverfolge, warnt der schwedische Wissenschaftler, "wird er wahrscheinlich die größte Bedrohung für die amerikanische Demokratie sein, die es im letzten Jahrhundert gegeben hat".
Noch nicht eingelöst hat Trump sein Wahlversprechen, die "größten Steuersenkungen in der Geschichte" durchzuführen. Sie sollen einen Wirtschaftsboom auslösen. Es gibt immer mehr Spekulationen, dass diese Senkungen in den nächsten Wochen angekündigt werden, nachdem Finanzminister Scott Bessent erklärt hat, er wolle das mehrere Billionen Dollar schwere Paket bis Anfang Juli verabschieden.
Harte Arbeit kommt erst noch
Capital Economics prognostizierte unterdessen, dass die kommenden Monate eher von der Finanzpolitik als von Zöllen geprägt sein werden, da der Kongress mit dringenden Fristen für den Bundeshaushalt und die Schuldenobergrenze der USA zu kämpfen hat. Sollten diese Fristen nicht eingehalten werden, könnte dies zu weiterer finanzieller Unsicherheit führen, warnen die Analysten.
"Jetzt beginnt die wirklich harte Arbeit. Die republikanische Führung sucht eine Einigung zwischen den Defizit-Falken, die drastische Kürzungen bei den obligatorischen Ausgaben wollen, und den Gemäßigten, die das nicht wollen", so Ashworth von Capital Economics. "Wenn die Republikaner keine Einigung erzielen können, werden die Märkte wegen der Schuldenobergrenze, die im August oder September einen Krisenpunkt erreicht, nervöser werden."
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen übersetzt.